Einfache Fragen, einfache Antworten
Ganz einfach...
- Um was geht es in der Allgemeinen Relativitätstheorie?
Es geht um Raum und Zeit, um unsere Vorstellungen davon, und darum,
warum die Dinge auf den Boden fallen, der Mond um die Erde kreist,
die Erde um die Sonne usw.
- Welche Vorstellungen von Raum und Zeit gibt es denn?
Wie stellst du dir denn Raum und Zeit vor?
Vielleicht als eine Bühne, auf der alles abläuft?
Oder wie einen Fluss ohne Anfang und Ende? Oder mit einem Anfang und einem Ende?
Oder meinst du, Raum und Zeit gäbe es nur in der Fantasie der Menschen, eigentlich also gar nicht)?
All diese Vorstellungen wurden tatsächlich immer wieder von
Forschern durchdacht.
Einstein hat diesen Vorstellungen eine neue, weitere hinzugefügt. Diese
ist nun auch zu unserem Weltbild geworden, zu einer Vorstellung also,
die alle anderen ersetzen soll und immer wieder durch
Experimente überprüft wird. Auf dieser einen Vorstellung baut auch
unser Wissen um das Weltall mit all seinen Sternen und
Planeten auf.
- Welche Vorstellung hatte denn Einstein?
Nun, dass Raum und Zeit - ich sag mal - "Dinge" sind, "Etwas", das beeinflusst
werden kann und sich unter dieser Beeinflussung verändert.
So wie der Kaugummi oder ein Knetstück Dinge sind,
die ich durch Drücken und Ziehen verändern kann.
- Kann man Raum und Zeit denn auch drücken und ziehen?
In gewisser Weise ja! Mann nennt das aber "krümmen"
und sagt dann dazu, dass Raum und Zeit "gekrümmt" sind.
- Und wer kann das machen?
Jeder und alles macht das. Alles um uns herum drückt auf Raum
und Zeit und krümmt diese. Je grösser und schwerer etwas ist,
desto stärker ist dieses Drücken. Besser ausgedrückt:
Die Sonne krümmt Raum und Zeit wesentlich mehr als dies ein
kleiner Stein es tut.
- Und wie kann man das merken?
Bei einem Stein haben wir keine Chance, der ist viel zu leicht.
Aber bei der Sonne können wir das schon feststellen - einfach indem
wir Raum und Zeit messen.
Kennst du denn Messgeräte für Raum und Zeit?
- Hm, den Raum kann ich mit einem Metermass ausmessen, die Zeit mit
einer Uhr. Aber wie können die mir das mit dem Drücken, äh, mit dem
"Krümmen", zeigen?
Ich will Dir das mit der Uhr erklären (sonst wird das zu lang).
Zuerst einmal ein Experiment, das wir nicht durchführen können, weil
unsere Uhren zu ungenau sind:
Stell eine Uhr auf einen Schrank, eine andere bleibt auf dem Boden.
Nach einer gewissen Zeit stellst du die beiden Uhren wieder zusammen
und vergleichst diese miteinander.
Frage: Was, meinst du, wird passiert sein?
- Nichts! Was soll schon passieren - ausser dass die eine Uhr
staubiger sein wird, wenn sie auf dem Schrank steht?
Richtig, das haben die Menschen jahrhundertelang gedacht. Bis
Einstein kam. Er zeigte, dass die Uhr auf dem Schrank schneller
geht als die auf dem Boden. Am schnellsten wird d i e Uhr
gehen, die sogar am weitesten weg ist von allen Planeten und Sternen.
Nach Einstein liegt dies daran, dass in der Nähe des Bodens
die Zeit langsamer vergeht (dort wird sie stärker "gedrückt"
als auf dem Schrank). Dies zeigt dann die Uhr an.
- Das hängt von der Entfernung zum Boden ab?
Ja, und davon wie gross und schwer der Himmelskörper ist, dessen Oberfläche dieser Boden. Auf der
Erde ist dieser Effekt deshalb kleiner als zum Beispiel auf der
Sonne. (Auch wenn man dort natürlich kaum von einem Boden sprechen kann)
- Und das wurde gemessen?
Ja. Einstein hat Recht behalten mit dieser merkwürdigen Vorstellung,
dass Raum und Zeit "gekrümmt" werden können.
- Hat das noch andere Auswirkungen als die, dass Uhren langsamer
gehen?
Ja. (Abgesehen davon, dass wir vom Raum noch nicht gesprochen
haben...) Stell Dir eine Rakete vor, die durch den Weltraum an einem
Planeten vorbeisaust. Da in Planetennähe die Zeit langsamer vergeht,
wir die Bahn der Rakete zu dem Planeten hingebogen. Statt geradeaus
zu fliegen, weicht die Rakete vom Kurs ab und fliegt eben in einem
Bogen am Planeten vorbei.
- Aber das liegt doch an der Anziehungskraft des Planeten!
Nein, die brauchen wir nicht mehr. Es liegt daran, dass Raum
und Zeit gekrümmt sind, wenn Raketen in einem Bogen an einem
Planeten vorbeifliegen, oder ein Mond um einen Planeten kreist.
Auch wenn etwas auf den Boden fällt!
Alles verhält sich so, als wollte es dorthin, wo die Zeit am
langsamsten verläuft...
- Kann man sich das auch vorstellen?
Es gibt ganz verschiedene Bilder dafür. Das bekannteste ist das
mit dem Gummituch: Eine schwere Kugel (der Planet) drückt ein
Gummituch ein, eine leichte Kugel (die Rakete) wird daran
vorbeigestossen und wird natürlich an der Delle abgelenkt, ganz
so, als ob die grosse Kugel sie angezogen hätte.
Das Schwierige dabei ist, dass das Tuch die Zeit darstellt, und
die Delle, wie die Zeit "eingedrückt" ist.
Ein anderes Bild: Stell Dir eine Reihe Menschen vor, die vor Dir
stehen und in diesem Moment loslaufen. Allerdings sind die rechts
etwas träge und laufen einen Schritt, wo die links von Dir
schon zwei Schritte weiter sind. Und damit das ganze gleichmässig
ist, sollen die rechts von Dir umso träger sein, je weiter sie
rechts stehen. Der Effekt wird sein, dass die Menschenreihe nicht
auf Dich zukommt, sondern einen grossen Bogen nimmt und vor Dir
abbiegt - nach rechts, dorthin, wo die grösste Trägheit "herrscht".
- Heisst das also, dass alles was durch die Anziehungskraft bisher
erklärt wurde, durch dieses "Eindrücken" von Raum und Zeit erklärt
werden kann?
Ja, das heisst das. Die Erde zum Beispiel kreist nicht um die
Sonne, weil diese die Erde anzieht. Nach der modernen Vorstellung
(dem modernen Weltbild) ist es so: Die Sonne drückt bei sich
die Zeit ein - sie krümmt die Zeit. Die Erde will an der Sonne
geradeaus vorbeifliegen, wegen der Delle in der Zeit fliegt sie
aber um die Sonne herum. Die Delle ist nun so gross, dass sich der
Bogen der Erde zu einer Umlaufbahn schliesst.
- Auch der Raum wird eingedrückt?
Ja. Einerseits bringt das nochmals zusätzliche Effekte.
Andererseits ist es aber auch so, dass wir in der neuen Vorstellung
eigentlich nicht mehr von Raum und Zeit reden dürfen. Beide
sind miteinander verwoben. Es gibt nur die eine Raumzeit.
Aber das ist eine andere Geschichte...
Die Allgemeine Relativitätstheorie, leicht verständlich erzählt - © Martin Kornelius 2016